Nach der Vorschrift des § 9 Einkommensteuergesetz (EStG), zuletzt geändert durch Art. 4 G. vom 19.06.2022 BGBl. I S. 911, kann jeder Arbeitnehmer, somit auch schwerbehinderte Arbeitnehmer die sog. Pendlerpauschale ansetzen, welche ab dem Kalenderjahr 2021 erhöht wurde, um die erhöhten Spritpreise abzufedern. Konkret bedeutet dies, dass Arbeitnehmer für 2021 ab dem 21. Kilometer 0,35 € als Werbungskosten ansetzen können und ab 2022 (bis 2026) sogar 0,38 € (vgl.: § 9 Abs. 1 Nr. 4 S. 8 EstG).
Darüber hinaus gibt es gemäß § 9 Abs. 2 EStG für Menschen mit Behinderungen eine Sonderregelung, d. h. sie können nach dieser Vorschrift ein Wahlrecht ausüben und sich alljährlich neu entscheiden. Anstelle der Pendlerpauschale (Entfernungspauschale) können sie auch die tatsächlich entstandenen Kosten nach Reisekostengrundsätzen abrechnen. Voraussetzung für dieses Wahlrecht im Sinne von § 9 Abs. 2 EStG ist, dass mindestens ein Grad der Behinderung von 50 + Zusatzkennzeichen G (für Gehbehinderung) bzw. mindestens ein Grad der Behinderung von 70 (dann auch ohne Zusatzkennzeichen) vorliegen müssen.
Bei der Pendlerpauschale wird stets nur die einfache Entfernung zugrunde gelegt, also die kürzeste Fahrstrecke zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte; dies entspricht genau einer Fahrt pro Arbeitstag und somit nicht der tatsächlich gefahrenen Strecke von Hin- und Rückweg. Eine solche Pendlerpauschale steht den Menschen mit Behinderungen auch dann zu, wenn sie sich beispielsweise von ihrem Nachbarn mitnehmen lassen und ihnen somit überhaupt gar keine Kosten entstehen. Allerdings wird dann die Pendlerpauschale gedeckelt auf 4.500 € pro Jahr.
Bei der Berechnung der tatsächlichen Kosten nach Reisekostengrundsätzen darf jeder gefahrene Kilometer mit 0,30 € angesetzt werden, also sowohl der Hin- als auch der Rückweg. Es werden sogar Leerfahrten berücksichtigt, beispielsweise, wenn diese Personengruppe zur Arbeit gebracht und auch wieder abgeholt wird.
In diesem Fall der Abrechnung, d. h. der tatsächlich entstandenen Kosten nach Reisekostengrundsätzen gelten stets nur die besagten 0,30 €, d. h. es gibt keine Erhöhung auf 0,38 € ab dem 21. Kilometer, denn dies ist im Reisekostengesetz gerade nicht vorgesehen. Schwerbehinderte Arbeitnehmer sollten die Ergebnisse beider Ihnen zur Verfügung gestellten Varianten ausrechnen und gegenüberstellen, um zu entscheiden, was für sie am Ende aus steuerlicher Sicht gesehen günstiger ist.
Unabhängig von den Fahrten zur Arbeit haben schwerbehinderte Menschen regelhaft auch eine Vielzahl von privaten Fahrten, sei es zum Besuch von Kultur- und Freizeitveranstaltungen, zum Einkaufen, zu Behörden oder auch Urlaubsfahrten. So wie bei jedem anderen Steuerpflichtigen gehören diese Privatfahrten zu den Kosten der privaten Lebensführung. Allerdings gibt es auch die sog. Privatfahrten bei Behinderung. Wer eine Schwerbehinderung von mindestens GdB 70 G oder GdB 80 (ohne Zusatzkennzeichen) nachweisen kann, darf private Fahrten im angemessenen Rahmen als außergewöhnliche Belastung ansetzen. Angemessen sind 3.000 km pro Jahr á 0,30 €, was einer jährlichen Pauschale von 900 € entspricht. Für Schwerstbehinderte gilt eine Pauschale von jährlich 4.500 € (15.000 km x 0,30 €).
Unabhängig vom Grad der Behinderung besteht dieser Anspruch als angemessene Pauschale von 500 Euro jährlich, wenn eines dieser Kennzeichen nachgewiesen wird:
• aG (außergewöhnliche Gehbehinderung)
• Bl (Blindheit)
• TBl (Taubblindheit)
• H (Hilflosigkeit)
• Pflegegrad 4 oder 5
Aus steuerrechtlicher Sicht stellen diese Kosten außergewöhnliche Belastungen dar. Allerdings ist seit 2021 neu, dass die Fahrten als Pauschalen ausgezahlt und nicht mehr durch Einzelaufstellungen nachgewiesen werden müssen. Wie auch der Behindertenpauschbetrag können diese Pauschalen auf andere Personen übertragen werden, z.B. von Kindern auf deren Eltern.