Übergang von der Schule zum Beruf
Die letzten Schuljahre bilden einen wichtigen Meilenstein auf dem Weg ins Berufsleben. Durch Schnupperpraktika und Betriebsbesichtigungen sollen alle Schüler einen Einblick ins Arbeitsleben erhalten. Das ist besonders wichtig für Menschen mit Behinderung. Es gilt Neigungen und Fähigkeiten zu erkennen, aber auch unrealistische Berufswünsche zu relativieren. Die Jugendlichen sollten möglichst viele Erfahrungen sammeln, damit sie wissen, was im Arbeitsleben auf sie zukommt. In Praktika werden die Jugendlichen auf diese Anforderungen vorbereitet: kann ich einen halben oder ganzen Tag an einer Tätigkeit bleiben (Ausdauer), wie komme ich später an meinen Arbeitsplatz (Fahrtraining), wie organisiere ich mich in den Pausen. Arbeiten will gelernt sein.
Vielen jungen Menschen mit Fragilem-X (kurz FraX) fällt das Lesen und Schreiben, vor allem aber der Umgang mit Mengen und Zahlen, schwer. Ihre Stärken liegen meist im lebenspraktischen Bereich. Tätigkeiten im hauswirtschaftlichen Bereich, in der Gastronomie, der Landwirtschaft oder in Gärtnereien bieten sich hier an. Doch auch in der Holz- und Metallverarbeitung arbeiten sie an einem für sie individuell eingerichteten Arbeitsplatz sehr zuverlässig. Wie alle Jungendlichen brauchen sie eine Tätigkeit, die ihren Fähigkeiten und Neigungen entspricht. Ihre Wünsche sollten mit geeigneten Methoden sensibel und einfühlsam herausgearbeitet werden und es ist wünschenswert, dass sie aktiv an der Suche nach Praktikumsplätzen beteiligt werden.
Arbeitsplätze für Menschen mit FraX
Eine Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) ist eine Einrichtung zur Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben und zur Eingliederung in das Arbeitsleben. Die WfbM muss als Rehabilitationseinrichtung diesem Personenkreis aber auch ermöglichen, ihre Leistungsfähigkeit zu entwickeln, zu erhöhen oder wiederzugewinnen, um ein dem Leistungsvermögen angemessenes Arbeitsentgelt zu erreichen. Grundsätzlich besteht ein Aufnahmeanspruch des behinderten Menschen, ein „Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung“ wird allerdings vorausgesetzt.
Für Betroffene, die mehr Unterstützung und Vorbereitung auf das Arbeitsleben benötigen, stehen z. B. Tagesförderstätten zur Verfügung, die zumeist den Werkstätten angegliedert sind. Hier können in kleinen Gruppen gezielt die Fähigkeiten gefördert werden, die den jungen Menschen noch Probleme bereiten.
Im Zuge der Inklusion wird versucht, auch Menschen mit Behinderung möglichst einen Arbeitsplatz auf dem ersten Arbeitsmarkt oder einen integrativen Arbeitsplatz anzubieten. Hierbei sind die Integrationsämter als Behörde für Aufgaben nach dem Schwerbehindertenrecht zuständig, unterstützt durch den Integrationsfachdienst, der die Chance auf Teilhabe von behinderten Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sicherstellt. Er hat zum einen die Funktion einer Schnittstelle zwischen den Arbeitssuchenden, den Arbeitgebern sowie den Leistungsträgern (Bundesagentur für Arbeit, Integrationsamt und Rehabilitationsträger) und zum anderen begleitet er die Integration des Menschen mit Behinderung am Arbeitsplatz vor Ort.
Der Wunsch nach einer Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ist oft auch bei Jugendlichen mit FraX vorhanden. Der Übergang kann durch Außenarbeitsplätze, Probearbeitsverhältnisse oder Integrationsprojekte eingeleitet werden. In jüngerer Vergangenheit sind z.B. in Kindertagesstätten für Erwachsene mit FraX integrative Arbeitsplätze geschaffen worden. Viele Betroffene arbeiten gern mit kleinen Kindern und sind sehr beliebte Betreuer. Erwachsene mit FraX übernehmen gerne Verantwortung bei der Versorgung von pflegebedürftigen Personen. Gute Erfahrungen zeigen, dass sie auch in der Altenpflege Beschäftigung finden können. Wenn eine inklusive Beschäftigung für Betroffene nicht möglich ist, kann mit ihnen gemeinsam überlegt werden, ob ein ehrenamtlicher Einsatz in dem gewünschten Tätigkeitsfeld in Frage kommt. Ihr oft sehr fürsorgliches Wesen ist eine wichtige Ressource. Egal ob im Beruf oder im Ehrenamt, Menschen mit FraX können durch ihre große Hilfsbereitschaft Bestätigung finden und eine Stärkung ihres Selbstwertgefühls erfahren.
Der Prozess der Eingliederung in das Arbeitsleben dauert oft mehrere Jahre und mündet letztendlich – noch zu selten – in ein normales Arbeitsverhältnis. Der überwiegende Teil der Erwachsenen mit FraX ist derzeit im Rahmen einer WfbM beschäftigt. Sie haben einen Anspruch auf Förder- und Bildungsangebote. Lebenslanges Lernen ist für Erwachsene mit FraX sehr wichtig, denn gerade die Kulturtechniken und andere lebenspraktische Dinge müssen regelmäßig geübt werden, damit sie nicht „verlernt“ werden. Durch arbeitsbegleitende Maßnahmen wie z.B. Lesen, Schreiben und Rechnen, Sport, Musik oder Theatergruppen, die nach Möglichkeit die Neigungen und Interessen der Betroffenen aufgreifen sollten, wird dieser Anspruch umgesetzt.
Für Erwachsene mit FraX ist es sehr wichtig, sich mit ihrer Tätigkeit zu identifizieren. Sie arbeiten als Schlosser in der Metallverarbeitung, als Lagerist oder Gärtner. Sie sind stolz auf ihre Arbeit und auf die Produkte, die sie herstellen. Sind die Arbeitsschritte erst einmal erlernt, können diese meist sehr zuverlässig ausgeführt werden. Klare, einfache Handlungsanweisungen helfen bei der Strukturierung, auch neue Arbeitsaufträge sollten schrittweise eingeführt werden.
Große Räumlichkeiten, viele Kollegen in einem Raum und ein hoher Geräuschpegel lassen Menschen mit FraX schnell an ihre Grenzen stoßen. Es fällt ihnen dann schwer, sich zu konzentrieren und aufmerksam bei ihrer Arbeit zu bleiben. Abhilfe kann hier ein etwas abgegrenzter Arbeitsplatz schaffen. Kurze Pausen oder Unterbrechungen, z. B. um den Müll zu entsorgen oder Botengänge zu erledigen, stillen den Drang nach Bewegung und bieten eine Rückzugsmöglichkeit. Durch ihren guten Orientierungssinn erledigen sie solche Aufgaben sehr zuverlässig. Solche kleinen, wiederkehrenden Aufgaben helfen, den Arbeitstag zu strukturieren, denn es kann schwer fallen zu verstehen, wie lange es noch bis zur nächsten Pause oder dem Arbeitsende dauert. In manchen Werkstätten gibt es spezielle räumlich abgetrennte Arbeitsbereiche für Menschen mit Autismus, die Sicherheit und Ruhe geben können. Es kann auch helfen, sich dem Lieblingsthema eines Betroffenen zuzuwenden, z.B. Fußball, Autos oder eine Belohnung in Aussicht zu stellen – damit lässt sich der Übergang zu neuen Dingen leichter schaffen. Menschen mit FraX sollten bei ihren Tätigkeiten von Betreuungspersonen aufmerksam begleitet werden, denn problematische Situationen deuten sich oft frühzeitig an. Eine schnelle Intervention hilft, Eskalationen zu vermeiden. Da es Betroffenen häufig schwer fällt, Gefühle oder Befindlichkeiten zu benennen, entstehen Ausweichhandlungen, die mit der eigentlichen Ursache nichts zu tun haben. Sie entwickeln eine eigene „Sprache“. Um sich Auszeiten nehmen zu können, gehen sie oft zur Toilette oder sprechen über Dinge, die scheinbar nichts mit ihren Wünschen zu tun haben. Ängste, Schmerzen und Befindlichkeitsstörungen können schlecht beschrieben werden. Mit Materialien der Unterstützten Kommunikation können Menschen mit FraX jedoch lernen, sich auszudrücken und ihre Be-dürfnisse zu zeigen.
Aufgrund ihrer hohen Sensibilität nehmen sie schnell jegliche Veränderungen am Arbeitsplatz wahr und reagieren entsprechend. Erwachsene mit FraX sind sehr mitfühlend mit ihren Arbeitskollegen und Vorgesetzten und registrieren viele Kleinigkeiten, die anderen leicht entgehen. Daraus können manchmal Missverständnisse entstehen, so werden z.B. laute Diskussionen als Streit empfunden, Hektik und Unruhe bringen sie aus dem Tritt. Ein sachlicher, beruhigender Umgang hilft Menschen mit FraX, auch ungewohnte Situationen auszuhalten. Besonders an integrativen Außen-Arbeitsplätzen und vor allem auf dem ersten Arbeitsmarkt müssen ihre Bedürfnisse bekannt sein und beachtet werden. Es ist darauf zu achten, dass sie am Arbeitsplatz nicht ausgenutzt oder übergangen werden. Ihre Sensibiltät muss berücksichtigt werden. Auch am Arbeitsplatz brauchen sie klare Strukturen und einen sicheren Rahmen.
Aus Mangel an geeigneten Arbeitsplätzen werden immer häufiger auch Eltern selbst aktiv. Sie gründen Cafés oder andere Dienstleistungsfirmen, um eine geeignete Beschäftigungsmöglichkeit für die erwachsenen Kinder zu schaffen. Derartige Projekte und andere Arbeitsmöglichkeiten können auch mit dem Persönlichen Budget finanziert werden.
Nur wenige junge Menschen mit FraX werden es schaffen, ganz selbstständig in das Berufsleben zu starten. Es ist eine große Herausforderung für sie, sich in der Arbeitswelt zu behaupten und einen Platz zu finden, an dem sie sich wohl fühlen. Viele können mit Unterstützung einen integrativen Arbeitsplatz finden. Die meisten Betroffenen arbeiten jedoch noch in einer WfbM. Sie haben dort ihre Freunde, sind beliebt bei ihren Arbeitskollegen und stolz auf die geleistete Arbeit. Sie zeigen einen hohen Einsatz, sind zuverlässig und besitzen eine hohe soziale Kompetenz. Wichtige Fähigkeiten für einen jungen Menschen – ob behindert oder nicht.
Wo erhalte ich weitere Informationen?
Internetportal der WfbM: www.wfbm.info
Gibt es staatliche Unterstützung?
Menschen mit Behinderung finden häufig kaum oder nur schwer eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Das Gesetz sieht deshalb besondere Hilfen vor, die behinderten Menschen die Teilhabe am Arbeitsleben ermöglichen sollen. Kann ein behinderter Mensch wegen Art oder Schwere seiner Behinderung nicht oder noch nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt beschäftigt werden, kommt eine Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) oder in einer Tagesförderstätte in Betracht. Auch für Menschen mit Behinderung, die eine Ausbildung oder ein Studium absolvieren möchten, sieht das Gesetz Unterstützungsmöglichkeiten vor.
I. Ausbildung
Behinderte Menschen, die studieren oder sich in einer Ausbildung befinden, haben entsprechend ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse Anspruch auf laufende Lebensunterhalts- und Ausbildungskosten nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG). Daneben können ihnen weitere Hilfen zustehen.
1. Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
Zur Finanzierung des Lebensunterhalts während der Schulzeit, einer Ausbildung oder einem Studium können behinderte Menschen Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) erhalten.
Neben dem Besuch einer der genannten Ausbildungsstätten müssen zusätzlich auch persönliche Voraussetzungen erfüllt sein, damit ein Anspruch auf BAföG besteht. Dazu gehören die deutsche Staatsangehörigkeit oder ein bestimmter aufenthaltsrechtlicher Status. Darüber hinaus muss eine allgemeine Eignung für die gewählte Ausbildung bestehen und die Höchstaltersgrenze von grundsätzlich 30 Jahren darf nicht überschritten sein.
Voraussetzung ist ferner, dass der Lebensunterhalt weder durch eigenes Einkommen und Vermögen des Auszubildenden noch durch Einkommen des Ehegatten oder der Eltern gedeckt wird. Eine Behinderung wird bei der Einkommensermittlung der Eltern und Ehegatten insofern berücksichtigt, als auf entsprechenden Antrag ein zusätzlicher Härtefreibetrag angesetzt werden kann. Beim Auszubildenden selbst kann zusätzlich zum Vermögensfreibetrag von 5.200 Euro, der jedem Auszubildenden zusteht, ein weiterer Teil des Vermögens in Härtefällen anrechungsfrei bleiben.
Die Förderungsdauer richtet sich nach der Dauer der Ausbildung. Bei Studiengängen ist dies im Allgemeinen die für den jeweiligen Studiengang festgelegte Regelstudienzeit. Aufgrund einer Behinderung kann über die Förderungshöchstdauer hinaus für eine angemessene Zeit Ausbildungsförderung geleistet werden.
Weiterführende Literatur:
Deutsches Studentenwerk (Hrsg.): BaföG Die Förderung nach dem Bundesausbildungs- förderungsgesetz
Was bieten Berufsbildungswerke?
Kommt für den behinderten Menschen eine Ausbildung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht in Betracht, besteht die Möglichkeit, einen Beruf in einem Berufsbildungswerk zu erlernen. Berufsbildungswerke sind überregionale Einrichtungen, die jungen Menschen mit Behinderungen eine berufliche Erstausbildung in anerkannten Ausbildungsberufen ermöglichen. Berufsbildungswerke bestehen in der Regel aus Ausbildungsstätten, Berufsschulen und Wohngelegenheiten mit fachlicher Betreuung. Die berufliche Bildung ist in der Regel verbunden mit Erziehungsleistungen zur Förderung der Selbstständigkeit und Entwicklung der Persönlichkeit. Anträge auf Förderung der Ausbildung in einem Berufsbildungswerk sind bei der örtlichen Arbeitsagentur zu stellen.
Erwerbstätigkeit auf dem freien Arbeitsmarkt - gibt es Unterstützung?
Besondere Bestimmungen für behinderte Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt enthält in erster Linie das Sozialgesetzbuch IX.
1. Integrationsfachdienst
Eine große Bedeutung bei der Eingliederung behinderter Menschen in das Arbeitsleben kommt den Integrationsfachdiensten (IFD) zu. Die IFD sind ambulante professionelle Dienstleister, die behinderte Arbeitnehmer bei der Aufnahme, Ausübung und Sicherung einer möglichst dauerhaften Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unterstützen. Neben der Beratung und Betreuung der behinderten Arbeitnehmer besteht die Aufgabe der IFD unter anderem auch darin, geeignete Arbeitsplätze auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausfindig zu machen und zu vermitteln sowie den Arbeitgebern als Ansprechpartner zur Verfügung zu stehen.
Mittlerweile gibt es in jedem Bezirk einer Arbeitsagentur einen IFD. Eine Übersicht über die Adressen und Ansprechpartner der IFD findet man im Internet unter www.integrationsaemter.de .
Wer keinen Internetzugang hat, sollte sich bei seiner örtlichen Arbeitsagentur nach dem zuständigen IFD erkundigen.
2. Unterstützte Beschäftigung
Seit Januar 2009 gibt es die Unterstützte Beschäftigung (UB) als neues, im SGB IX verankertes Förderinstrument für Menschen mit Behinderung. Unterstützte Beschäftigung soll behinderten Menschen mit einem komplexen Unterstützungsbedarf ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ermöglichen. UB beinhaltet in der Regel zunächst eine zeitlich befristete, individuelle betriebliche Qualifizierung am Arbeitsplatz. Bei Bedarf schließt sich nach Aufnahme eines regulären Beschäftigungsverhältnisses eine zeitlich unbefristete Berufsbegleitung an. UB kann von Integrationsfachdiensten aber auch von anderen Trägern angeboten werden.
Die Dauer der Qualifizierungsphase beläuft sich in der Regel auf bis zu 2 Jahre und beinhaltet auch die Vermittlung berufsübergreifender Lerninhalte und Schlüsselqualifikationen, wie z.B. Sozial-, Handlungs- und Medienkompetenzen, sowie die Weiterentwicklung der Persönlichkeit. Eine Verlängerung um bis zu 12 Monate ist möglich. Die Teilnehmenden sind sozialversichert und erhalten in der Regel ein Ausbildungsgeld. Erbracht werden die Leistungen in erster Linie von der Bundesagentur für Arbeit.
Die bei Bedarf anschließende Berufsbegleitung dient dazu, das entstandene Arbeitsverhältnis zu stabilisieren und langfristig zu sichern. Auch Menschen mit Behinderungen, die aus einer Werkstatt für behinderte Menschen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt wechseln und weiterer Unterstützung bedürfen, haben einen Anspruch auf Berufsbegleitung. Leistungen der Berufsbegleitung werden in der Regel vom Integrationsamt erbracht.
3. Begleitende Hilfen im Beruf
Als Hilfe zur Teilhabe am Arbeitsleben sieht das Gesetz insbesondere die Kostenübernahme für Hilfsmittel und technische Arbeitshilfen, die für die Berufsausübung erforderlich sind, vor. Ferner werden die Kosten für eine Arbeitsassistenz übernommen, wenn der behinderte Mensch auf eine direkte persönliche Hilfe am Arbeitsplatz angewiesen ist (z.B. Arbeitsassistent als Vorlesekraft für sehbehinderte und blinde Menschen). Darüber hinaus können verschiedene Kraftfahrzeughilfen gewährt werden, wenn infolge der Behinderung ein Kraftfahrzeug zum Erreichen des Arbeitsplatzes erforderlich ist. Voraussetzungen, Antragstellung und Leistungsumfang sind durch die Kraftfahrzeughilfeverordnung geregelt. Die Leistungen können Zuschüsse zur Beschaffung eines Kraftfahrzeugs, die Übernahme der Kosten für behinderungsbedingte Zusatzausstattungen sowie Zuschüsse zum Erwerb der Fahrerlaubnis umfassen. Die Leistungen der Hilfe zur Arbeit werden je nach Zuständigkeit durch die Agenturen für Arbeit, die Träger der Rentenversicherung oder auch durch die Integrationsämter erbracht.
4. Kündigungsschutz und Zusatzurlaub
Schwerbehinderte Arbeitnehmer (GdB von mindestens 50) unterliegen einem besonderen Kündigungsschutz. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber bedarf der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes. Außerdem haben schwerbehinderte Arbeitnehmer Anspruch auf einen bezahlten zusätzlichen Urlaub von in der Regel fünf Arbeitstagen im Jahr.
Was ist eine WfbM (Werkstatt für behinderte Menschen) und was bietet sie?
Die Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) ist eine Einrichtung zur Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben und zur Eingliederung in das Arbeitsleben. Sie bietet denjenigen behinderten Menschen, die wegen Art oder Schwere ihrer Behinderung nicht oder noch nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, einen Arbeitsplatz oder die Gelegenheit zur Ausübung einer geeigneten Tätigkeit. Voraussetzung für die Aufnahme in eine WfbM ist grundsätzlich, dass erwartet werden kann, dass der behinderte Mensch spätestens nach dem Berufsbildungsbereich ein Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung erbringen wird.
Der eigentlichen Aufnahme in die Werkstatt geht eine Phase der Arbeitserprobung voraus, die sich in zwei Abschnitte gliedert. Das zunächst durchgeführte Eingangsverfahren dauert grundsätzlich drei Monate, kann im Einzelfall aber auch verkürzt werden. Es dient der Feststellung, ob eine Werkstatt die geeignete Einrichtung ist und welche Tätigkeitsbereiche für den behinderten Menschen in Betracht kommen.
Der Berufsbildungsbereich dauert zwei Jahre und schließt sich unmittelbar an das Eingangsverfahren an. In diesem Bereich der WfbM soll der behinderte Mensch in seiner Leistungsfähigkeit und Persönlichkeitsentwicklung so weit gefördert werden, dass eine geeignete Beschäftigung im Arbeitsbereich der WfbM oder auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt möglich ist. Kostenträger für die Maßnahmen im Eingangs- und Berufsbildungsbereich ist die Bundesagentur für Arbeit. Behinderte Menschen erhalten in dieser Vorbereitungszeit ein Ausbildungsgeld, welches sich im ersten Jahr auf monatlich 63 Euro und im zweiten Jahr auf monatlich 75 Euro beläuft.
Wird der behinderte Mensch im Anschluss an den Berufsbildungsbereich in den Arbeitsbereich der WfbM aufgenommen, steht er zu der Werkstatt in einem arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnis, ohne allerdings Arbeitnehmer im Rechtssinne zu sein. Aus dem arbeitnehmerähnlichen Rechtsstatus folgt jedoch, dass die Regelungen über Arbeitszeit, Urlaub, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Erziehungsurlaub und Mutterschutz auch für Werkstattbeschäftigte gelten. Da die Werkstattarbeit ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis darstellt, sind Werkstattbeschäftigte unfall- und rentenversichert. Sie müssen sich ferner eigenständig gegen Krankheit und Pflegebedürftigkeit versichern, sind also zum Beispiel nicht mehr im Rahmen der Familienversicherung über die Eltern krankenversichert (siehe Kapitel G.I.).
Neben dem Arbeitsentgelt, das aus dem Produktionserlös der Werkstatt gezahlt wird, erhalten Werkstattbeschäftigte in der Regel ein Arbeitsförderungsgeld, das bis zu 26 Euro monatlich betragen kann. Nach 20-jähriger Tätigkeit in einer WfbM besteht darüber hinaus ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die Kosten, die im Arbeitsbereich einer WfbM entstehen, trägt in der Regel der überörtliche Träger der Sozialhilfe im Rahmen der Eingliederungshilfe. Werkstattbeschäftigte müssen, sofern ihr monatliches Einkommen 764 Euro übersteigt, allenfalls einen Kostenbeitrag für das in der Werkstatt eingenommene Mittagessen leisten. Eltern behinderter Menschen müssen sich an den Werkstattkosten nicht beteiligen.
Was bieten Tagesförderstätten?
Für schwerstbehinderte und schwerstmehrfachbehinderte Menschen, welche die Aufnahmekriterien für die WfbM nicht oder noch nicht erfüllen, kommt die Förderung in einer Tagesförderstätte in Betracht. Die in den Tagesförderstätten anzubietenden Maßnahmen haben das Ziel, praktische Kenntnisse und Fähigkeiten zu fördern, die erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen die für ihn erreichbare Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. Außerdem sollen sie auf Maßnahmen der Teilhabe am Arbeitsleben, vor allem in Werkstätten für behinderte Menschen, vorbereiten. Tagesförderstätten sind daher vorrangig in räumlichem oder organisatorischem Zusammenhang mit einer WfbM einzurichten, um den Übergang zur Werkstatt zu erleichtern. Behinderte Menschen, die in Tagesförderstätten gefördert werden, haben im Gegensatz zu Werkstattbeschäftigten keinen arbeitnehmerähnlichen Status. Sie erhalten keinen Arbeitslohn und bleiben beispielsweise im Rahmen der Familienversicherung über die Eltern krankenversichert (siehe Kapitel G.I.). Die Kosten für die Leistungen in einer Tagesförderstätte trägt in der Regel der überörtliche Sozialhilfeträger im Rahmen der Eingliederungshilfe. Behinderte Menschen müssen lediglich einen Kostenbeitrag für das Mittagessen leisten, sofern ihr monatliches Einkommen (z.B. aufgrund einer hohen Unfallrente) 764 Euro übersteigt. Die Eltern werden zu den Kosten der Tagesförderstätte nicht herangezogen.