Es handelt sich um eine vom Arzt verordnete Therapieform. Die Behandlung bewirkt, unter Verwendung von speziell angepasstem Übungsmaterial, die Wiederherstellung oder Verbesserung eingeschränkter, verloren gegangener oder verzögerter Funktionen und Fähigkeiten von Körper, Seele und Geist.
Je nach Entwicklungsstand und individuellen Schwierigkeiten gelangen unterschiedliche Konzepte zur Anwendung. Der Schwerpunkt der Behandlung liegt auf den basalen sensomotorischen Funktionen, weniger auf sichtbaren Symptomen und Schwierigkeiten. Manches mal ist es erforderlich, die Störungen über einen „Umweg” über andere Funktionen zu beeinflussen, da eine direkte „Symptombehandlung” oft nur Widerstände aufbaut und den Therapieerfolg beeinträchtigt.
Folgende Ziele werden verfolgt:
- Förderung und Stabilisierung von vorhandenen und verloren gegangenen geistigen, sozialen und körperlichen Fähigkeiten;
Vermeidung/Verminderung von Abhängigkeit und Isolation; Selbständigkeit im Alltag; - Erweiterung und Erhaltung des Bewegungsausmaßes aller Gelenke;
- Förderung der Wahrnehmung in allen Sinnesbereichen;
- Förderung und Stabilisierung von Gedächtnisleistungen, Aufmerksamkeit, Konzentration und Orientierung.
Fragen und Antworten
Ist eine langfristige Genehmigung von Ergotherapie bei Fragilem-X (kurz FraX) möglich?
Viele FraX-Betroffene waren bisher mit dieser Möglichkeit der Verordnung außerhalb des Regelfalles ausreichend mit den für sie notwendigen Therapien versorgt. Es kam aber auch häufig vor, dass Ärzte den Eltern mitteilten, dass die Höchstzahl an Behandlungen erreicht ist und daher eine Behandlungsunterbrechung notwendig ist. Hintergrund ist: Der Arzt ist zum verantwortungsvollen Umgang mit den Ausgaben der Krankenkasse verpflichtet und muss im Falle einer Wirtschaftlichkeitsprüfung gegenüber der Krankenkasse schlüssig und umfassend begründen, warum es notwendig war, die Therapiemaßnahmen außerhalb des Regelfalles fortzusetzen. Andernfalls drohen ihm Regressforderungen seitens der Krankenkasse.
2011 wurde nun zusätzlich zu dieser bereits bestehenden Möglichkeit der Verordnung außerhalb des Regelfalls die so genannte langfristige Heilmittel-Genehmigung nach § 8 Abs. 5 in die Verordnungsrichtlinien aufgenommen. Das Kriterium „dauerhafter Heilmittelbedarf“ ist dann gegeben, wenn das vorhandene Krankheitsbild in die „Liste über Diagnosen mit langfristigem Heilmittelbedarf im Sinne von § 32 Abs. 1 a SGB V“ aufgenommen worden ist. In der Folge können per Antrag bei der Krankenkasse die medizinisch notwendigen Therapien für mindestens ein Jahr genehmigt werden. Der betreuende Arzt kann bei dieser genehmigten Verordnung sicher sein, dass die notwendigen Heilmittel/Therapien nicht einer Wirtschaftlichkeitsprüfung unterzogen werden. Zu beachten ist, dass die Genehmigung eines langfristigen Heilmittelbedarfes nicht mit einer Dauerverordnung zu verwechseln ist. Die Anzahl der Behandlungen pro Verordnung sind vom Arzt so festzulegen, dass sie mindestens zu einer Vorstellung des Patienten pro Quartal führen.
Der Vorstand der Interessengemeinschaft Fragiles-X hat sich dafür eingesetzt, dass das FraX-Syndrom demnächst auch wie schon andere Syndrome z.B. das Down-Syndrom auf dieser Indikationenliste für die langfristige Genehmigung von Heilmitteln aufgenommen wird. Auch Ärzte wären dann zur Begründung der langfristigen Therapie-Verordnung gegenüber der Krankenkasse abgesichert. Der Vorstand hat nachhaltig darauf hingewiesen, dass bereits kurze Behandlungspausen die Therapieerfolge bei den FraX-Betroffenen gefährden können. Schon nach wenigen Wochen werden nicht genutzte Fähigkeiten wieder verlernt. Dazu kommt, dass die Therapien häufig zum festen Wochenritual der Betroffenen gehören. Zu den Therapeuten entwickeln sich oft enge Beziehungen. Behandlungsunterbrechungen werden von den Betroffenen häufig als Beziehungsabbrüche erlebt und können Ängste auslösen oder verstärken. Zu Beginn einer neuen Therapieeinheit muss die Vertrauensbasis erst mühsam wieder hergestellt werden.
Bis zu der endgültigen Aufnahme des FraX-Syndroms in die entsprechenden Listen sollen den Betroffenen keine Nachteile bei der Verordnung entstehen. So besteht die Möglichkeit, mit dieser Diagnose auch unabhängig von der Liste einen Antrag auf langfristige Genehmigung von Heilmitteln bei der zuständigen Krankenkasse zu stellen. Zum anderen ist eine Verordnung außerhalb des Regelfalles (nach § 8 Abs. 4) möglich, auch wenn die Voraussetzungen des Abs. 5 noch nicht vorliegen. Die Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe konnte die Zusage erwirken, dass die Liste überarbeitet wird, wenn sich Versorgungsprobleme zeigen. Sollten Sie also mit Ihrem Kind oder Ihrer Betreuungsperson Probleme mit der nahtlosen Verordnung von Therapien/Heilmitteln haben, melden Sie sich bitte bei der Geschäftsstelle der Interessengemeinschaft.
Um Missverständnissen vorzubeugen – es geht nicht darum, Menschen mit FraX-Syndrom um jeden Preis jede denkbare Therapie angedeihen zu lassen. Vielmehr soll sichergestellt werden, dass über Art und Dauer der Therapie der individuelle Bedarf der Betroffenen und nicht eine festgelegte Höchstzahl von Verordnungen entscheidet. Ziel muss es sein, für alle Betroffenen eine fortlaufende Therapie zu gewährleisten, wenn ein andauernder Behandlungsbedarf zu erwarten ist.
„Genehmigung langfristiger Heilmittelbehandlungen nach § 32 Abs. 1a SGB V in Verbindung mit § 8 Abs. 5 Heilmittel-Richtlinie“ ist im Internet als pdf >>>hier<<< zu downloaden. In dieser Liste ist wie erwähnt FraX noch nicht enthalten, aber die in der Liste den ICD-10-Codes F84.1, F84.4 und F84.8 entsprechenden Diagnosen treffen auf quasi alle Betroffenen des Fragilen-X Syndroms zu.