Für Paare mit Kinderwunsch gibt es mit der Polkörperchendiagnostik eine weitere Möglichkeit, im Rahmen einer künstlichen Befruchtung die Eizelle zu untersuchen und den Gendefekt auszuschließen.
Die sogenannte Polkörperdiagnostik (PKD) ist eine Untersuchungsmethode, bei der durch die Untersuchung der Polkörper indirekt Schlussfolgerungen auf das mütterliche Erbgut gezogen werden können. Polkörper werden im Zuge der Eizellreifung gebildet und für die weitere Entwicklung des Embryos nach derzeitigem Stand der Wissenschaft nicht benötigt. Sie werden bei einer PKD aus dem Raum zwischen Eizelle und Eihülle (perivitelliner Raum) entnommen und genetisch untersucht, bevor der Vorgang der Befruchtung abgeschlossen ist. So kann man – mit einem methodisch bedingten, sehr geringen Restrisiko – feststellen, welches mütterliche X-Chromosom sich in den Polkörperchen befindet, um daraus auf das Erbgut in der Eizelle zu schließen. Anschließend werden – sofern vorhanden – nur befruchtete Eizellen ohne den fraglichen Gendefekt in die Gebärmutter der Frau übertragen.
Im Gegensatz zur PID (Präimplantationsdiagnostik) wird die PKD noch vor der Verschmelzung der Zellkerne der elterlichen Keimzellen durchgeführt – also wenn noch kein neues Erbgut entstanden ist.
Wenn man sich über die Polkörperdiagnostik informiert, muss man unterscheiden zwischen der PKD zum Ausschluss einer Aneuploidie (numerische Chromosomenaberration wie z.B. einer Trisomie) bzw. zur Überprüfung auf Vorliegen einer monogenen Erkrankung wie dem Fragilem-X-Syndrom. Letztere ist technisch sehr viel aufwändiger, humangenetisch deutlich schwieriger zu diagnostizieren und bedarf sowohl besonderer Spezialisten als auch spezieller Untersuchungsgeräte. Die Kosten für diese Untersuchung sind deutlich höher als bei der ersten Form der PKD und sind nach neuer Rechtsprechung keine Leistung der gesetzlichen Krankenkassen. Private Kassen können davon abweichende Regeln haben. Die genauen Kosten können nicht pauschal beziffert werden. Sie liegen in einer Größenordnung von ca. 13 000 € für den ersten Zyklus, jeder weitere Versuch schlägt mit Kosten von ca. 10 000 € zu Buche.
Es handelt sich bei der PKD um eine Untersuchungsmethode, die sich als Routineverfahren aufgrund des hohen Aufwandes nicht etabliert hat. Nur in wenigen Kinderwunschzentren ist die PKD im Angebot.
Der einzige Unterschied in einer ethischen Bewertung zwischen einer PID ( Präimplantationsdiagnostik) und einer PKD ist, dass die Untersuchung an der noch unbefruchteten Eizelle vorgenommen wird. Eine Genehmigung durch eine Ethikkommission ist nicht erforderlich. Das mag für einige Paare ein entscheidender Unterschied sein. Es bleibt festzuhalten, dass die mit der PKD zwingend einhergehende künstliche Befruchtung gesundheitliche Risiken birgt. Das Verfahren stellt für die Familien eine hohe psychische, physische und finanzielle Belastung dar.